„Tolstoi in der Nacht“

Ein nächtlicher poetischer Monolog aus dem Tagebuch der Sofia Tolstoi im Theater Orlando

Und wieder einmal öffnet sich das bezaubernde Zimmertheater im historischen Palais Rastede für eine besondere Produktion, in der der Fokus auf Sofia Tolstaja, der Frau des berühmten Schriftstellers Leo Tolstois, gelegt wird. In einem nächtlichen Monolog, frei nach ihrem Tage-buch, nimmt sie uns mit, was das Genie und das Sendungsbewusstsein ihres Mannes an Preis von ihr abverlangt haben – bis hin zur Schwelle der Selbstaufgabe. So diente sie ihrem Mann auch bei seinen Werken, in dem sie diese - meist in der Nacht - handschriftlich abschrieb und korrigierte. Den rund 1.700 Seiten umfassenden Roman „Krieg und Frieden“ überarbeitete sie für ihn siebenmal. 

Mittels kraftvoller, poetischer Bilder und Verschiebungen der Blickwinkel, die sie auch die Rolle ihres Mannes einnehmen lassen, wird die Situation eines Menschen dargestellt, dessen Handlungsspielraum sich auf das Warten und Hoffen beschränkt. Zwischen Schicksalserge-benheit und Verzweiflung lebt diese Sofia, mitten im Geschlechterkampf mit einem unbe-rechenbaren Tyrannen.

Gerade erst 18 Jahre alt, heiratete Sofia den um 16 Jahre älteren Lew Tolstoi. Bereitwillig übernahm sie zunächst – so verliebt sie in den berühmten Schriftsteller war – die Rolle der dienenden Ehefrau. Ihre eigenen Bedürfnisse und Ambitionen unterdrückte sie. In späteren Tagebucheintragungen schreibt sie: „Er nimmt von seiner Umgebung nur das, was seinen Genius, sein Schaffen umgibt. Von mir zum Beispiel nimmt er meine Arbeit des Abschreibens, meine Sorge um sein leibliches Wohl, meinen Körper. Mein ganzes geistiges Leben ist für ihn ohne Interesse, und er hat keine Verwendung dafür – denn er hat sich niemals die Mühe gemacht, es zu verstehen. Es tut mir schrecklich weh – dennoch verehrt die Welt einen solchen Mann.“

Sofia Tolstoi war eine vielseitig begabte und sozial engagierte Frau. So arbeitete sie als Lektorin, Verlegerin, Autorin, verwaltete ein Landgut und kümmerte sich nebenbei noch um 13 Kinder. In späteren Jahren betreute sie Biografien internationaler Autoren über ihren Mann und verfasste selber literarische Erinnerungen. 

Musikalisch untermalt wird der Abend mit Werken u. a. von Liszt, Tschaikowsky und Rachmaninow.

Von Pascale Roze 

aus dem Französischen von Harald Riemann 

Sylvia Meining – Konzept / Rezitation von Sofia Tolstoi

Svetlana Gelbard – musikalisches Konzept / Pianistin

Martin Meyer - Pianist

Termine und Kartenreservierung unterwww.theater-orlando.de

Foto: Theater Orlando