„TEMPESTA“

EMANUEL SEITZ / ASTRID FERNÁNDEZ / GONCALO SENA

Im Oldenburger Kunstverein werden vom 20. November bis 23. Januar 2022 drei Positionen zum Thema Landschaft zusammengeführt. Die Ausstellung zeigt aktuelle Werke von Emanuel Seitz, Astrid Fernández und Gonçalo Sena. 

Wenngleich die Werke der drei Künstler unterschiedlich ausfallen, so liegt ihnen doch eine spürbar verwandte Weltanschauung zugrunde. „Wir haben alle drei eine starke Beziehung zur Landschaft“, erläutert Seitz. „Ich am Chiemsee aufgewachsen und Astrid und Gonçalo haben eine vergleichbare Kindheit erlebt.“ Der frühe Kontakt zur Natur als Erfahrungsraum wirkt in ihren Arbeiten bis heute nach. 

Emanuel Seitz schafft gegenstandslose Gemälde, die der Künstler selbst als „Streifenbilder“ bezeichnet. Ausgangspunkt seiner Malerei ist das Interesse am prozessualen Moment. Seitz experimentiert mit den Farben wie ein Alchimist. Er mischt die Pigmente mit gemahlenem Glas, Marmor oder Asche, um den Farbauftrag zu festigen und die Leuchtkraft zu erhöhen. Mit dem Pinsel wandert er die großformatigen Leinwände von links nach rechts ab. Gleichsam wirkt die den Bildern ablesbare Farbfolge auf den Betrachter, denn die Wahrnehmung jeder Farbe wird von der vorangegangenen beeinflusst. Mit dem jüngsten Werk in der Ausstellung bricht der Künstler jedoch mit dieser Ordnung, in dem er unterschiedlichster Formen auf einer Fläche zusammenbringt. 1973 geboren, studierte Emanuel Seitz von 1996 bis 2002 an der Akademie der Künste in München und war Meisterschüler bei Günther Förg. 

Astrid Fernández, Jahrgang 1984, studierte ebenfalls in München – jedoch in der Klasse von Markus Oehlen, der mit seiner expressiv-gestischen Malerei in den 1980er Jahren als wichtiger Vertreter der Neuen Wilden bekannt wurde. Mit Seitz teilt die Künstlerin das Faible für besondere Farben. Diese vergleicht sie in ihrem Wesen mit Düften. In den Räumen des Kunstvereins ist Fernández mit übergroßen Arbeiten vertreten. In einer Werkgruppe, die mit leichten Pastelltönen gestaltet ist, ziehen einzelne Linien und Formen in die Bildflächen wie in unbewohnte Territorien ein. Daneben ist das Gemälde „XX“ flächenfüllend mit tiefschwarzem Flammruß gemalt. Neben Kohle ist Flammruß das älteste Pigment. 

Die Skulpturen von Gonçalo Sena bilden den Kontrapunkt zu den beiden malerischen Positionen.  Spannungsreich verknüpft Sena das Material Beton mit anderen Objekten. Die Oberflächen seiner Arbeiten lassen an fossile Funde, mitunter auch an die Zeugnisse von Erosionsprozessen denken, denen die Landschaft durch die Kräfte der Natur ausgesetzt ist. Faszinierend ist ein partieller Abguss eines Schindeldaches, für den Zement und Epoxidharz verarbeitet wurden. Der 1984 in Portugal geborene Künstler studierte bis 2007 Grafikdesign an der Fakultät für Bildende Künste in Lissabon und absolvierte 2011 den Master in Bildender Kunst am Dutch Art Institute in Arnhem. 

Der Titel der Ausstellung, „Tempesta“, nimmt Bezug auf das prominente Gemälde „Das Gewitter“ (ital. La tempesta) des venezianischen Maler Giorgione (1478 –1510). Entstanden 1508, zeigt es einen Landsknecht und eine Frau mit einem Säugling an einem Flussufer. Über dem Horizont verdunkelt sich bedrohlich der Wolkenhimmel. Weil die Natur hier nicht – wie bisher üblich – als Kulisse des Bildgeschehens dient, sondern die Hauptrolle spielt, gilt das Motiv als eines der ersten Landschaftsbilder der abendländischen Kunst überhaupt. Seitz, Fernández und Sena zitieren den Bildtitel nicht nur aufgrund ihrer eigenen Verbundenheit zum Thema Landschaft. „Das Gewitter, das Giorgiones Gemälde ankündigt, steht hier sinngemäß für die Bedrohung, als Stellvertreter für steigende Klimawerte, zunehmende Stürme und Hochwasserkatastrophen“, so Seitz.

Zur Eröffnung sprachen Gertrude Wagenfeld-Pleister, 1. Vorsitzende des Kunstvereins und Robert Grunenberg, Galerist aus Berlin.

Begleitend zur Ausstellung werden Besucherführungen angeboten. Termine und weitere Informationen finden Interessierte unter www.oldenburger-kunstverein.de/