ADRIAN SAUER: FOTO ARBEITEN

Ausstellung im Oldenburger Kunstverein

Der Titel der neuen Aus­stel­lung mit Ar­bei­ten von Adrian Sauer lau­tet „FOTO ARBEITEN“. Die Lücke zwi­schen den bei­den Be­grif­fen ist kein Schreib­feh­ler. Adrian Sauer zeigt keine Foto­ar­bei­ten im her­kömm­lichen Sinn, son­dern er ar­bei­tet viel­mehr am Foto. Mit unter­schied­lichs­ten Me­tho­den lo­tet er die Gren­zen und Mög­lich­kei­ten ana­lo­ger Foto­gra­fie im di­gi­ta­len Zeit­alter aus.

Was das Foto in sei­ner heu­ti­gen di­gi­ta­len Aus­füh­rung cha­rak­te­ri­siert, ist das Thema von „16.777.210 Farben“ – einem rund fünf Meter brei­ten Werk, das auf den ersten Blick ein graues Farb­feld zeigt. Aus der Nähe be­trach­tet löst es sich in eine flackern­de Fläche aus win­zi­gen Farb­qua­dra­ten auf. Mit Hilfe eines selbst­ge­schrie­be­nen Pro­gramms ver­eint das Bild alle Far­ben, die der RGB-Farb­raum nach dem Prin­zip des ad­di­ti­ven Mischens ge­ne­rie­ren kann. In lo­gi­scher Fol­ge führ­te die­se Ar­beit zur Werk­grup­pe „Far­ben in rot, grün und blau“ sowie zur bild­lichen Um­set­zung der 256 mög­lichen Grau­stu­fen auf einer Län­ge von 25,6 Me­tern. Jede Ar­beit ba­sie­rt auf mathematischen Be­rech­nun­gen, ist aber in der Be­trach­tung auch ohne das Zah­len­werk plau­si­bel. 

 

Ganz anders ist die Reihe „Raum für alle“ kon­zi­piert. Grund­lage die­ser Ar­beit sind ori­gi­na­le Schwarz-weiß-Fotos von Bauhaus-Woh­nun­gen aus der Zeit um 1930. Anhand von kunst­his­to­ri­schen Re­cher­chen bis hin zur Prü­fung alter Brie­fe hat Sauer de­tail­lier­te Kennt­nisse über Mate­rial und Far­ben der ab­ge­bil­de­ten Innen­ein­rich­tun­gen ge­sam­melt, um die Räu­me am Bild­schirm far­big zu re­kons­tru­ieren. Pixel für Pixel trans­for­mier­te er die his­to­ri­schen Auf­nah­men in com­pu­ter­ge­ne­rier­te 3D-Räume. Im gro­ßen For­mat geben sie Ein­blick in die pri­va­ten Meis­ter­häu­ser, las­sen uns über eine grü­ne Decke auf dem Flü­gel von Lyonel Feininger oder den groß­zü­gi­gen Mini­ma­lis­mus im Di­rek­to­ren­haus von Mies von der Rohe wis­sen, aber auch über die zweck­ge­rich­te­ten Mus­ter­woh­nun­gen, wel­che die Bau­häus­ler„für alle“ent­wor­fen haben.

Im Gegensatz zu die­sem Raum­er­leb­nis las­sen die Foto­gra­fien von Holz­par­kett jeg­liche Eigen­schaf­ten, die wir Bil­dern ge­mein­hin zu­schrei­ben, ver­mis­sen. Wie Plan­qua­dra­te in dich­ter Auf­sicht ab­fo­to­gra­fiert, ist der Unter­schied von Bild zum Ori­gi­nal der­art aus­ge­schal­tet, dass die Auf­nah­men das Par­kett ge­ra­de­zu – oder le­dig­lich? – ver­dop­peln. Die­ses Hin­ter­fra­gen von Bild­rea­li­täten setzt sich in den wei­te­ren Ar­bei­ten fort. So kommt die Aus­stel­lung einem Ver­suchs­feld gleich, des­sen Ge­gen­stand nicht nur das Me­dium selbst, son­dern immer auch un­se­re Wahr­neh­mung ist. Ins­ge­samt stam­men alle Werke aus dem Zei­traum 2010 bis heute. „Ich liebe es, meine Ar­bei­ten aus ver­schie­de­nen Zei­ten in den Aus­stel­lun­gen zu kom­bi­nie­ren und so über die Brei­te der Ent­wick­lung zu er­zäh­len“, er­läu­tert der Künst­ler die Aus­wahl. 1976 in Berlin ge­bo­ren, stu­dier­te Adrian Sauer von 1997 bis 2003 Foto­gra­fie an der Leipziger Hoch­schu­le für Gra­fik und Buch­kunst. 2005 folg­te der Meis­ter­schü­ler­ab­schluss bei Timm Rautert.

Die Ausstellung läuft vom 4. September bis 8. November 2020 im Oldenburger Kunstverein.  

Nähere Informationen siehe www.oldenburger-kunstverein.de

 

Bilder und Bildangaben:

Adrian Sauer, Raum für Alle, Meisterhaus Feininger, 2015, C-Print © Adrian Sauer und KLEMM'S, Berlin

Adrian Sauer, 16.777.216 Farben, 2010, C-Print © Adrian Sauer und KLEMM'S, Berlin

Adrian Sauer, Aufbau im Oldenburger Kunstverein, 2020, Foto Birgit Denizel