Neues Licht

Freilegung der Rosette in der Alexanderkirche Wildeshausen

Die Freilegung einer historischen Rosette in der Alexanderkirche in Wildeshausen (Kreis Oldenburg) bietet Anlass, an den Oldenburger Glaskünstler Georg Rohde zu erinnern. 1874 geboren, absolvierte er eine Malerlehre und wandte sich anschließend der Glasmalerei zu. Schon bald erhielt er Aufträge zur Gestaltung bedeutender Bauten: 1903 schuf er Entwürfe für den Bremer Dom und 1905 fertigte er die Fenster der Oldenburger Synagoge an. 1906 folgte die Gründung einer eigenen Glasmalwerkstatt in Bremen und im gleichen Jahr war Rohde auf der bedeutenden 3. Deutschen Kunstgewerbeausstellung in Dresden vertreten, die ganz im Zeichen der Reformbewegung stand und eine formenreduzierte schlichtere Ästhetik proklamierte. 

 

1907 erhielt Rhode den Auftrag für die Neugestaltung der Wildeshauser Alexanderkirche. Das spätromanische Kirchengebäude war im Mittelalter der bedeutendste Kirchenbau der Region. Als Herausforderung galt es, die wesentlichen Stilelemente des alten Bauwerks mit der modernen Formensprache in Einklang zu bringen. Zusammen mit dem Architekten und Oldenburger Baurat Adolf Rauchheld (1868-1932) entwarf Rohde ein beeindruckendes Gesamtkunstwerk. Der Altar, die Kanzel, die Wände, Decken und Fenster wurden erneuert und der Chorraum im Jugendstil ausgemalt. Im Westwerk wurde die alte schmiedeeiserne Rosette durch ein Sandsteinmaßwerk ersetzt. Die Steinrippen bilden einen Mittelkreis, der von acht kleineren Kreisen umschlossen wird. Das Maßwerk besitzt die Inschrift „Anno 1909 renoviert“. 1910 folgten die Glasarbeiten. Das große zentrale Bild zeigt den Kelch des Heils, der mit Ähren befüllt ist. Sie deuten – stellvertretend für das Abendmahl – auf das Brot des Lebens hin. In den acht Feldern, die den Medaillenkranz bilden, wiederholt sich das Motiv von Weinblättern, Ranken und runden blauen Elementen, welche in abstrahierter Form die Reben darstellen. Dieser Bildreigen verweist auf das Weinstocksymbol für die Verbundenheit zwischen Christus und den Gläubigen. „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben“, sagt Jesus zu seinen Jüngern im Johannesevangelium 15,1-5. Ergänzt wird das Ornament von acht kleinen Lutherrosen in den äußeren Zwickeln. „Fallen die Strahlen der Nachmittagssonne schräg durch die Rosettenscheiben, dann entstehen wunderbare Farbenwirkungen“, schwärmte der Wildeshauser Schriftsteller Fritz Strahlmann nach der Fertigstellung 1911. 

Bis an sein Lebensende im Jahr 1959 schuf Rohde noch zahlreiche Arbeiten für Sakralbauten in Nordwestdeutschland. Mit seinen Arbeiten, die eine Verbindung tradierter Handwerkskunst mit zeitgemäßer Bildsprache zeigen, nahm er an regionalen Kunstgewerbeausstellungen ebenso teil wie an internationalen Weltausstellungen. 

Die Wildeshauser Alexanderkirche wurde inzwischen mehrfach umgestaltet, und vor die kostbare Rosette wurde 1970 eine große Kleuker-Orgel gesetzt. Damit war das Glasfenster jahrzehntelang nur noch von außen sichtbar. Bald wird nun ein neues Instrument wieder Licht durchlassen. Eine Orgel aus der Werkstatt Woehl wird um die Rosette herum angelegt und das Gesamtkunstwerk von Georg Rohde wieder in seiner ursprünglichen Fülle erstrahlen lassen.