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Herkunft verpflichtet!
Die Geschichte hinter den Werken – Provenienzforschung im Oldenburger Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte – Sonderausstellung
Spätestens seit dem spektakulären Fund der Sammlung Gurlitt, der 2013 als „Schwabinger Kunstfund“ in die Geschichte einging, sind Begriffe wie Raubkunst oder Restitution in unser aller Bewusstsein gedrungen. Hat der Fall doch weltweit eine hitzige Debatte über den Umgang mit Kunstwerken entfacht, die die Nationalsozialisten meist jüdischen Eigentümern unrechtmäßig entwendet hatten. Doch nicht nur Kunst wurde den Emigranten und deportierten Mitbürgern durch Organe der NSDAP geraubt, auch Möbel, Porzellane oder Silberwaren. Vieles gelangte direkt oder auf Umwegen in die Sammlungen von Museen.
Dort findet mittlerweile eine intensive Provenienzforschung statt, um NS-Raubgut in den eigenen Sammlungen aufzuspüren und an die rechtmäßigen Besitzer oder dessen Erben zurückzugeben. Im Oldenburger Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte ist es Dr. Marcus Kenzler, der die Provenienz – d.h. die Herkunft – der Sammlungsbestände untersucht. Seit 2011 werden alle Objekte systematisch unter die Lupe genommen. „Jedes einzelne Stück hat eine Vita, die es zu ermitteln gilt“, erklärt er. Nach rund sieben Jahren zieht Kenzler eine erste Zwischenbilanz. Bislang hat er die Herkunft von rund 800 Sammlungsobjekten recherchiert und 14 Fälle von Raubgut identifiziert. Weil die wissenschaftliche Arbeit unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet, hat der Kunsthistoriker nun eine Ausstellung konzipiert, die Provenienzforschung für alle sichtbar macht (4. November 2017 bis 25. Februar 2018 im Oldenburger Schloss). Interaktiv gestaltet, lädt die Schau zu einem spannenden Entdeckungsgang ein. Hörstationen berichten über die Schicksale der einzelnen Sammlungsstücke. Sogar ein Film wurde eigens gedreht. An konkreten Beispielen beantwortet die Ausstellung viele Fragen: Was ist eigentlich Raubkunst? Was geschah mit dem beschlagnahmten Kulturgut? Wer waren die Opfer, wer die Akteure? Welche Funktion hatten Kunsthändler wie Hildebrand Gurlitt im „Dritten Reich“? Was bedeutet eigentlich Restitution? Es wird ein Gesamtbild präsentiert, das regionale und generelle Aspekte dieser Disziplin verbindet. Bedeutsam ist die Provenienzforschung bereits viel länger. Im Jahr 1998 haben sich in der „Washingtoner Konferenz über Vermögenswerte aus der Zeit des Holocaust“ ganze 44 Staaten zur Rückerstattung enteigneter Kulturgüter verpflichtet. „Anfangs wurde das in den Museen sehr zögerlich umgesetzt. Zu groß war die Angst, bedeutende Exponate entbehren zu müssen. Mittlerweile fördert es das Renommé eines Hauses, wenn es dieser Verpflichtung nachkommt“, erklärt Kenzler. Er geht von weiteren 24.000 Sammlungsstücken aus, deren Herkunft noch geprüft werden muss. „Eine lebenslange Aufgabe“, denn das Landesmuseum bewahrt als Mehrsparten-Haus regionale und auch überregionale Kunst- und Kulturschätze aus mehreren Jahrhunderten. Ist ein Objekt als Raubgut erkannt, folgt die Suche nach den Vorbesitzern. Dabei spielt der in Euro bemessene Wert der einzelnen Gegenstände keine Rolle, es geht vielmehr um die historische Verantwortung. Erste Erfolge sind schon zu verzeichnen. 2014 wurden eine niederländische Fliese aus dem 16. Jahrhundert und ein katalanischer Albarello – das ist ein verziertes Apothekergefäß aus Keramik – an die Erben eines jüdischen Antiquitätenhändlers zurückgegeben. Die gelungene Restitution wird in der Ausstellung nachvollziehbar vermittelt. Begleitend dazu erscheint ein ausführlicher Katalog, der schlagwortartig – wie ein Lexikon – über die Provenienzforschung Auskunft gibt. Von A wie „Auktion“ bis Z wie „Zwangsverkauf“ ist das Nachschlagewerk sehr zu empfehlen, denn in dieser Disziplin wird nach dem „Schwabinger Kunstfund“, der unter „S“ nachzulesen ist, noch so manche Entdeckung folgen.