Tour de Farce

Ein Hotelzimmer, zwei Schauspieler, vier Türen, zehn Rollen – Turbulente Komödie im Rasteder Theater Orlando

Schon der Titel verspricht eine turbulente und mitreißende Aufführung, die den Zuschauer auf die „Tour de Farce“ mitnimmt. In einem Hotelzimmer einer namenlosen amerikanischen Mittelstadt nimmt die Geschichte ihren Anfang. Der Literat Herbert Gladney und seine Gattin Rebecca befinden sich auf Promotionstour für sein Buch „Ehe währt für immer“. Ganze zehn Jahre lang hat Herb, ein intellektueller Professorentyp, damit zugebracht, den Leitfaden für die perfekte Ehe zu verfassen und dabei überhaupt nicht mitbekommen, wie seine eigene Ehe den Bach runter ging. Doch mit Blick auf die zu erwartenden Tantiemen wahrt Rebecca den schönen Schein.

Der Glamour, den sie sich durch Herbs neues Buch erhofft, ist zu verlockend. Und so unterstützt Rebecca ihren Schriftstellergatten nur allzu gerne, seinen Eheratgeber auf die Bestsellerlisten zu hieven. Als ebenso profitgierig erweisen sich die anderen Protagonisten, die durch ihr Auftauchen ungeahnte Bewegung in die Geschichte bringen. Dem zerstrittenen Paar kommt die sensationslüsterne Boulevardreporterin Pam Blair auf die Schliche und postiert im Wandschrank ihren Kameramann Gunnar, um die Lebenslüge des Schriftstellers zu decouvrieren. Als dann der korrupte Senator Grant Ryan, Rebeccas Jugendliebe, mit einem Model zufällig die Nachbarsuite bezieht, ist das erst der Anfang jener aberwitzigen Farce, die ihr Tempo immer mehr anzieht und die Verwicklungsspirale in ungeahnte Höhen schraubt. Denn es tauchen noch weitere Exzentriker auf: ein diebisches Zimmermädchen, ein neurotischer Page, eine verrückte Nonne und des Senators betrogene und wutentfesselte Gattin. „Tour de Farce“ ist jedoch mehr als eine Klamotte. Mit viel Hintersinn zeigt das Stück, wie das Streben nach Erfolg, Gewinn und Popularität immer mehr unser Leben bestimmt. Nichts ist mehr genug. Und so zetert Rebecca, als sie mit Herb im Hotelzimmer sitzt „Warum konntest du keinen Gruselroman schreiben? Wärest du Stephen King, säßen wir in einer Penthouse-Suite.“ Verfasst von den Autoren Philip LaZebnik und Kingsley Day ist der amüsante Ritt durch menschliche Abgründe ein hervorragendes Material für Sylvia Meining und Ulf Goerges vom Rasteder Theater Orlando. Zusammen mit Regisseur Björn Kruse haben sie den Stoff pointenreich umgesetzt. Das ganze Geschehen spielt sich in dem einen Hotelzimmer ab. Im fliegendem Wechsel schlüpfen die beiden Darsteller in die verschiedenen Rollen – verschwinden sie durch die eine Tür in den Wandschrank oder das Badezimmer, tauchen sie als neuer Charakter aus der Nachbarsuite oder dem Hotelflur wieder auf.  Das Zimmertheater Orlando ist für dieses Stück bestens geeignet. Mit nur 30 Sitzplätzen gehört es zu den kleinsten Theatern deutschlandweit. Der halbe Meter Abstand zum Publikum lässt eine ungewöhnliche Dichte entstehen. Mit einer bald 30-jährigen Erfolgsgeschichte gilt das kleine Theater im Palais Rastede als ein Kleinod mit speziellem Ambiente. Bei den Proben für „Tour de Farce“ hat die Oldenburger Künstlerin Gabriele Böger Illustrationen geschaffen, die im Foyer zu sehen sind. 2011 erhielt sie den Kunstpreis der Gemeinde Rastede. Die „Tour de Farce“ läuft noch bis zum 29. April.