Schneeweiß und Nachtschwarz

Kontrastreiche Ausstellung im Franz Radziwill Haus in Dangast

Der norddeutsche Maler Franz Radziwill entwickelte eine einzigartige Bildsprache. Was ist so unverkennbar an den Bildschöpfungen des Malers, der als Ausnahmeerscheinung in die Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts einging? Diese Frage soll mit dem jüngsten Ausstellungsprojekt im Franz Radziwill Haus beantwortet werden.

Im Rahmen von fünf Themenausstellungen wird die wesentliche Essenz seines künstlerischen Schaffens herausgearbeitet. Zum Auf­takt des engagierten Vorhabens wird der Fokus auf Radziwills Betonung der Kontraste gelegt. Noch bis zum 8. Januar 2017 sind 30 Werke zu sehen – darunter frühe Holzschnitte im Schwarz-Weiß-Druck, spukartige Nachtstücke und frostige Schneelandschaften. Kostbarkeiten sind selten gezeigte Blumenstillleben wie das Gemälde „Tulpen gegen schwarz und weiß“ aus dem Jahr 1946, das bisher nur einmal, 1956 in Herford, öffentlich präsentiert wurde. Die Darstellung der knospenden Tulpe entspricht im schlanken Format den botanischen Porträts von Albrecht Dürer. Mit dem nahezu monochromen Hintergrund zeigt das Werk gleichzeitig deutliche Einflüsse abstrakter Malerei. Traditionelle künstlerische Prinzipien und die Auseinandersetzung mit den Strömungen der zeitgenössischen Kunst brachte Franz Radziwill auf faszinierende Weise in Einklang. Ein Highlight der Ausstellung ist auch das großformatige Ölbild „Zwei Männer und eine Frau in einer Loge“ aus dem Jahr 1923, das eine Szene aus dem städtischen Nachtleben zeigt – im Oeuvre Radziwill ein seltenes Sujet. Die Logenszene erinnert motivisch an die Bilder von Henri de Toulouse-Lautrec, der den Amüsierbetrieb im ausgehenden 19. Jahrhundert en vogue machte. Radziwills Dreieckskomposition zeichnet sich durch eine reduzierte Farbgebung aus, die der Palette von Rembrandt entspricht: Es dominieren Schwarz, Weiß, Rot und Töne von Ocker, Gelb und Gold. Gekleidet in einen hellen Mantel mit kostbarem Pelz sitzt eine Frau zwischen zwei Männern in dunklen Anzügen. Wie eine Lichtgestalt zieht sie unsere Aufmerksamkeit auf sich. Doch anstatt das Geschehen auf der Bühne zu verfolgen, schaut sie zu uns aus dem Bild heraus. Zur Ausstellung ist ein umfangreicher Katalog mit mehreren Fachbeiträgen erhältlich. Darüber hinaus wird ein facettenreiches Rahmenprogramm präsentiert. Am 25. September findet unter dem Titel „Daß schwarz, ich weiß“ ein Künstlergespräch mit Konstanze Radziwill und Jochen Mühlenbrink statt, der im Jahr 2010 den Förderpreis für Malerei der Kulturstiftung der Öffentlichen Versicherungen Oldenburg erhalten hat. Die Musikfreunde lädt das Duo PiaCELLO am 27. November ins Adventskonzert ein. Das neue Ausstellungsprojekt zielt auf den 125. Geburtstag Franz Radziwills ab, der am 6. Februar 1895 in Strohausen an der Unterweser geboren wurde. Der aktuellen Schau „Schneeweiß und Nachtschwarz“ werden bis 2020 die Schwerpunkte Farbeinsatz, Flächengestaltung, Perspektive und Lichtführung folgen.