Eigen-Projekte
Von Osaka nach Oldenburg
Matthias Politycki hat als erster Schriftsteller den Literarischen Landgang unternommen
Er gilt als Weltreisender unter den deutschen Autoren. Seine Geschichten entstehen durch eigene Erlebnisse. Jetzt entdeckte Matthias Politycki das Oldenburger Land – als Schriftsteller für ein neues Literaturprojekt der Kulturstiftung der Öffentlichen Versicherungen Oldenburg in Zusammenarbeit mit dem Literaturbüro Oldenburg. Mit dem Titel „Literarischer Landgang“ wird ein Akzent in der bundesweiten Literaturförderung gesetzt, der zugleich Regionalität betont, so Jürgen Müllender, Mitglied des Vorstandes der Öffentlichen Versicherungen Oldenburg. Das Reisestipendium richtet sich an hochkarätige deutschsprachige Schriftsteller, die in Form eines literarischen Reiseberichts das Oldenburger Land abbilden. Die Idee zeigt internationalen Anspruch und verspricht viele neue Ansichten und Betrachtungsweisen vertrauter Gefilde.
Karten statt Navi
Vom 5. bis zum 13. Oktober 2015 zog Matthias Politycki durch die Landkreise Ammerland, Cloppenburg, Friesland, Oldenburg, Wesermarsch und Vechta und besuchte die Städte Delmenhorst Oldenburg und Wilhelmshaven. Vor Reisebeginn wurde er von Monika Eden, Leiterin des Literaturbüros, mit Informationsmaterial und Landkarten gut ausgestattet. Ob aus der Reise ein Essay oder eine Kurzgeschichte entsteht, ist dem Autor überlassen. Ohne inhaltliche Vorgaben arbeiten zu können, schätzt Politycki sehr. Spätestens in seinem jüngsten Buch „42,195 – Warum wir Marathon laufen und was wir dabei denken“, erfährt der Leser, dass Politicky auch Läufer ist. Zum Schreiben kommt er jedoch gerne vom Weg ab und sucht unbekanntes Terrain jenseits touristischer Pfade. Inmitten seiner Erkundungstour schilderte er erste Eindrücke, wenn in Moorgebieten schon mal das Navigationsgerät versagte. Aber der Schriftsteller hält sich ohnehin lieber an die tradierte Form der Routenplanung. „Ich liebe Karten“, sagt er von sich. Ihn interessiert die Ambivalenz der jeweiligen Landstriche, die „Rückseite“ der gepflegten Postkartenidylle. Begegnungen mit Gemüsehändlern oder Taxifahrern findet er weit spannender als die Kulturszene, „weil man dort nur seinesgleichen trifft“. Stellte die Region zuerst ein Forschungsfeld dar, wird sie ab Mai 2016 zur Bühne. Dann unternimmt Politycki eine Lesereise durch das Oldenburger Land und wird seine Ergebnisse vorstellen. Kooperationspartner des engagierten Projekts sind das Museumsdorf Cloppenburg, das Industriemuseum Lohne, die Städtische Galerie Delmenhorst, der Verein LiteraturPlus Wesermarsch, die Organisatoren der Horumer Literaturtage und der Bahnhofsverein Westerstede. Monika Eden reist als Moderatorin mit und stellt den Schriftsteller auf all seinen Stationen vor. Die Idee, das Oldenburger Land zu einer durch Literatur definierten Region werden zu lassen und in die zeitgenössische Literatur einzubringen, soll im Format einer langjährigen Reihe durch die Kulturstiftung der Öffentlichen Versicherungen Oldenburg in Zusammenarbeit mit dem Literaturbüro Oldenburg weiter realisiert werden.
Weltreisender in Oldenburg
Als leidenschaftlicher Globetrotter war Matthias Politycki für den Start prädestiniert. 1955 in Karlsruhe geboren, in München aufgewachsen und heute in Hamburg ansässig, zählt Politycki zu den anerkannten Vertretern der deutschen Gegenwartsliteratur. Seinen Ruf als Weltreisender bekräftigte sein 2005 erschienener Kuba-Roman „Herr der Hörner“. 2008 folgte die Satire „In 180 Tagen um die Welt“, die aus einer Fahrt auf einem Kreuzfahrtschiff hervorging, und 2013 erschien die Abenteuererzählung „Samarkand Samarkand“, die in der Bergwelt Zentralasiens spielt. Der Literaturpreisträger kennt Dänemark und England ebenso wie Indien, Kuba, Uganda oder die USA. Zuletzt besuchte Politycki das japanische Osaka – und jetzt kennt er auch das Oldenburger Land.