"Kultur für alle" gilt nicht mehr

Symposion kunst_publikum

Dichtgedrängt saß das Publikum am 4. Mai beim Symposion "kunst_publikum" im Stadtmuseum Oldenburg. Über 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hörten die Vorträge und Diskussionen namenhafter Experten. Der niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kultur, Lutz Stratmann, plädierte dafür, Kunstvermittlung als künstlerische Praxis zu sehen: "Sie involviert das Publikum, macht es zu Akteuren, Verbündeten oder auch Opponenten. In diesem Sinne kann und sollte eine zeitgemäße Kunstvermittlung ebenso Grenzen überschreiten wie die zeitgenössische Kunst es selbst tut." Mit dem Symposion führte die Kulturstiftung der Öffentlichen Versicherungen Oldenburg ihre Diskussion über Kunst und Kultur in der Region fort.

Zur Diskussion stand einen Tag lang die Tatsache, dass Kunst- und Kulturangebote keine "Selbstläufer" mehr sind, das kulturelle Interesse vielmehr eine knappe Ressource ist, die viele nutzen wollen. Die Zielgruppe Kulturpublikum ist viel kleiner, als manche wahrhaben wollen. "Kultur für alle", so war man sich einig, hat als kulturpolitisches Motto ausgedient. Kulturveranstalter, die ihren Angeboten alle erreichen wollen, werden eher niemanden erreichen.

Die Erkenntnisse und Thesen, die von den Referenten eingebracht wurden, waren nüchtern und ernüchternd: Dass Bildung eine unerlässliche Voraussetzung ist für Kulturkonsum, legte der Düsseldorfer Bildungsforscher Professor Heiner Barz dar. Armin Klein, Professor für Kulturmanagement und Kulturwissenschaft am Institut für Kulturmanagement in Ludwigsburg, stellte klar, dass Kunst- und Kulturprodukte nur erfolgreich vermittelt werden können, "wenn wir sie in Bezug auf den jeweiligen Lebensstil positionieren".

Zur Befürchtung, dass die großen Kunstsammler heute die Trends in der Kunst generieren, wiegelte der Galerist und Organisator der diesjährigen "Art Frankfurt", Michael Neff, ab: "Die richtungsweisenden Menschen sind wir selber, das Publikum." Die Kulturstiftung veröffentlicht die Ergebnisse des Symposions, das vom hannoverschen NDR-Kulturredakteur Stephan Lohr moderiert wurde, in einer Dokumentation.

Sensible Kommunikation mit Musik

Teilnehmer der Internationalen Sommerakademie für Kammermusik konzertierten

Werke von Ludwig van Beethoven stand im Mittelpunkt des Abschlusskonzertes, mit dem sich die Absolventen der Internationalen Sommerakademie für Kammermusik Niedersachsen am 20. September in Oldenburg vorstellten. Die hochbegabten Instrumentalisten aus Deutschland, den Niederlanden, den USA, der Türkei und Russland glänzten mit Präziser Technik und großer Tonschönheit. Das Publikum bekam Einblick in die aktuelle Werkstattarbeit junger Musiker, die wohl von einiges von sich hören lassen werden. Dazu gehören die Mitglieder des russischen Streichquartetts „Anima“, das sich in dem begehrten und renommierten dreiwöchigen Kurs im Kloster Frenswegen weiteren Feinschliff holten.

Das 2005 schon gegründete St. Petersburger Ensemble brachte eine furiose Version von Beethovens Streichquartett Nr. 9 C-Dur zu Gehör. „Getragen von geradezu motorisch präzisen, dabei warm und füllig klingenden Mittelstimmen entfaltete sich ein äußerst temperamentvolles Quartettspiel“, notierte dazu ein Musikkritiker. Welch hohes Niveau im Zusammenspiel in den drei Wochen der Akademiekurse erreicht werden kann, war eingangs im Quintett Es-Dur op. 16 von Beethoven für Klavier, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott nachzuvollziehen. Auch die 10 Bläserinnen und Bläser, die im Anschluss Mendelssohn-Bartholdys Ouvertüre zu „Ein Sommernachtstraum“ vortrugen, ließen ahnen, wie viel Spaß sensible Kommunikation mit Musik machen kann. Da hörte man, ganz im Sinn von Shakespeares Lustspiel, Handwerker stapfen und Elfen flirren, das Publikum wurde mit schönstem Tonklang verwöhnt. Es bekam von den Akteuren auch kurze griffige Erläuterungen zu den Kompositionen des Konzertes: Unter der Leitung von Michael Becker, dem Intendanten der Niedersächsischen Musiktage und erfahrenen Moderator, hatten die Kursteilnehmer sich auch in Sachen „Musikpräsentation/Moderationstraining“ geübt.