Literarischer Landgang

Marion Poschmann ab Mitte Mai auf Lesereise

Die Schriftstellerin Marion Poschmann erhielt 2016 vom Literaturbüro Oldenburg auf der Grundlage einer Förderung durch die Kulturstiftung der Öffentlichen Oldenburg das Landgang-Stipendium, ein Reisestipendium durch das Oldenburger Land. Die Stipendiaten des Projekts unternehmen jeweils im Herbst eine Reise durch den Nordwesten. Mit der Bahn oder mit einem Mietwagen, so der Plan. Doch Marion Poschmann entschied sich für das Fahrrad als Fortbewegungsmittel.

 

Altes Fahrrad aus Berlin

Das Literaturbüro beschrieb deutlich den unwirtlichen Herbst in Norddeutschland. Die Schriftstellerin konterte mit dem Besitz von Regenkleidung. Sie blieb bei ihrem Wunsch und brachte ihr altes Fahrrad aus Berlin mit. Damit war sie vom 18. bis zum 26. September 2016 im Oldenburger Land unterwegs. Die Passagen zwischen den Stationen gewannen so an Bedeutung, weil Poschmann des Reisetempos wegen viel Zeit hatte, den Blick unterwegs in die Landschaften zu richten. Dass sie sich für ihre Prosatexte und Gedichte generell gern von der Natur anregen lässt, bestätigt ihr aktueller Lyrikband, der unter dem Titel „Geliehene Landschaften“ erschien. Im April 2017 erhielt sie sogar den erstmals vergebenen Deutschen Preis für Nature Writing. Auch die Begründung der Jury des Düsseldorfer Literaturpreises, der ihr ebenfalls in diesem Jahr zugesprochen wurde, zielt auf ihr besonderes Verhältnis zur Natur: Poschmann sei „die Biografin unserer denaturierten Natur in Zeiten der Globalisierung“. Ob sie als Radfahrerin auch im Oldenburger Land die Natur in den Blick nahm, werden wir erfahren: Die Beobachtungen ihrer herbstlichen Radtour ließ sie in einen Text einfließen, den sie auf einer Lesereise vom 16. Mai 2017 bis zum 1. Juni 2017 an mehreren Standorten präsentieren wird.

Subtile Qualität des Unauffälligen

Doch Poschmann sucht nicht nach den augenfälligen Attraktionen der Natur. In ihrem Beitrag „On the Road“ in der WELT vom 25. Januar 2014 formuliert sie: „Seit einiger Zeit verfolge ich ein Projekt namens FADE ORTE. Ein fader Ort ist ein Ort ohne besondere Merkmale, im Grunde so etwas wie der Mann ohne Eigenschaften, nur eben räumlich aufgefasst. Der Begriff des Faden stammt aus der chinesischen Ästhetik und meint eine subtile Qualität, die des Unauffälligen, Gemäßigten, in keiner Weise Hervorstechenden. Ein fader Ort kann für die Dichtung sehr produktiv sein. Notwendige Bedingung ist die Abwesenheit schriller Reize, wobei schon das satte Grün eines Rasens als unerhört grobschlächtig gilt. In der Praxis zeigt sich dann auch, dass es gar nicht so leicht ist, einen solchen Ort zu finden, der den Kriterien vollkommener Zurückhaltung wirklich entspricht“. Fade Orte dürfte die Schriftstellerin im Frühherbst 2016 eher nicht gefunden haben, als sie im Oldenburger Land mit dem Fahrrad „on the road“ war. Auf blauen Himmel traf ihr Blick und auf durchaus noch satte Grünflächen. Der September wollte es nämlich 2016 in Norddeutschland noch einmal so richtig wissen. Schönstes Spätsommerwetter fuhr er auf. Vollkommene Zurückhaltung war seine Sache nicht.

Reise unter einem guten Stern

Die Reise habe unter einem guten Stern gestanden, sagte Poschmann am Ende der Tour. Umso neugieriger darf man auf den Text sein, den sie im Anschluss geschrieben hat. Vom 16. Mai 2017 bis zum 1. Juni 2017 stellt sie ihn mit dem Literaturbüro Oldenburg auf den sieben Stationen der Erkundungsreise vor und berichtet vor Ort, was sie als Radfahrerin über Land erlebte. Nach Matthias Politycki tritt sie als zweite Schriftstellerin die Lesereise der Kulturstiftung der Öffentlichen Oldenburg an.